Lucca

Lucca, Dächer

Über den Dächern von Lucca

Seit 1504 arbeiteten die Lucchesi an einer riesigen Mauer, die sie aus unzähligen Ziegeln um ihre Stadt herum zogen. So errichteten sie einen gewaltigen Verteidigungsring. Nach der Fertigstellung 1645 wurde die Stadt niemals mehr belagert …

Anfahrt:  130 km über die A12 und dann über die A11, Ausfahrt Lucca Ovest Richtung Centro. Vor dem Mauerring rechts in die Viale Carducci abbiegen und einen Parkplatz suchen (1 Tag parken = 5 €).

Wären wir vor 350 Jahren nach Lucca gereist, hätte sich der trutzige Mauerring (30 Meter breit, 12 Meter hoch, 4 Kilometer lang) unmittelbar aus den umliegenden Wiesen und Feldern erhoben. Heute allerdings ist die Stadtmauer von Straßen und Häusern (darunter viele Jugendstilbauten) umgeben. Aber einen breiten Grüngürtel um die Wallanlage herum hat man belassen. Hier werden im Herbst sogar Golfturniere ausgetragen.  Wir haben „die Umgürtete“ auf einem unserer Ausflüge in die Toscana besucht (zu Zeiten Julius Cäsars war die Stadt mit ihrer wechselvollen Geschichte auch einmal ligurisch) und kamen dort am Morgen kurz nach Acht an. Ich kann nur empfehlen, schon ganz früh in die Stadt zu kommen, wenn sie gerade erwacht. Die Straßen waren noch ruhig, kaum Touristen unterwegs, einige wenige Lieferwagen haben die Geschäfte angefahren. Die Verkäufer öffneten noch etwas verschlafen die Gitter und Türen. In keiner anderen italienischen Stadt haben wir so viele Radfahrer gesehen.

Rundgang: Direkt vom Parkplatz aus gehen wir über die Fußgängerampel und folgen dem Fußweg auf die Stadtmauer zu. Im ersten Moment scheint dieser Weg als Sackgasse zu enden, aber durch ein verstecktes Tor hinter der Bastion gelangen wir in das Gewölbe der Zitadelle (1). Was einst als Rückzugsort für die Garnison gedacht war, dient heute als Ausstellungsort für Kunst. Wir wurden von einem überdimensionalen Oberkörper aus geschnittenen Kartonstreifen beobachtet. Die drei Straußenvögel hingegen konnten uns nicht sehen, weil sie ihren Kopf in den Sand gesteckt hatten.

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Am Ausgang halten wir uns links, überqueren nach wenigen Metern die Piazza Giuseppe Verdi und schwenken halbrechts in die Via San Paolino ein. Mitten auf einem kleinen Platz, nahe seinem Geburtshaus (2) hat es sich der Komponist Giacomo Puccini mit einer Zigarette in der Hand gemütlich gemacht (Giacomo Puccini, geb. 1858, gest. 1924 an Kehlkopfkrebs). Sollten die Lucchesi ihm jemals ein Denkmal setzen – so sein Wunsch -, dann bitte mit Zigarette in der Hand. Wir gehen geradeaus weiter direkt auf die Chiesa San Michele (3) zu. Mit ihrem Bau begann man 1143, im Jahr 1200 wurde die hoch aufstrebende Fassade (für ein ursprünglich höher geplantes Mittelschiff) errichtet. Noch ein kurzes Stück geht es in gleicher Richtung weiter durch die Via Roma, dann biegen wir links in die Via Fillungo, vorbei an den vielen kleinen Geschäften und dem Torre delle Ore (4). Seit über 500 Jahren schlägt seine Turmuhr den Bewohnern von Lucca die Stunde.  Wir schlendern weiter durch die Via Fillungo, um uns dann nach links in die Via degli Angeli zu wenden. Hier befindet sich der Palazzo Pfanner (5) aus dem 17. Jahrhundert (der bayrische Bierbrauer Pfanner übernahm das Anwesen im 19. Jahrhundert). Wer den Eingang zum Garten des Palazzo mit seinen vielen Skulpturen gefunden hat, könnte dort unter Vogelgezwitscher und zwischen plätschernden Brunnen in Ruhe picknicken (Eintritt 4,50 €, geöffnet März bis Mitte November). Wir haben den Palazzo und seinen Eingang gesucht, aber nicht gefunden und dann lediglich von der benachbarten Stadtmauer aus einen Blick in den Garten geworfen. Von der Ecke des Palazzo geht es ein Stück nordwärts durch die Via Cesare Battisti (vor uns der Glockenturm von S. Frediano). Die Kirche San Frediano (6) mit ihrer Fassade und dem darauf angebrachten Mosaik, Christi Himmelfahrt darstellend, wurde im 12. Jahrhundert errichtet. Da wegen der benachbarten Befestigungsanlage (Vorgängerin der heutigen Stadtmauer) kein Platz vorhanden war, wurde der Eingang in den Osten gelegt und der Altar im Westen der Kirche errichtet – im Widerspruch zur gängigen Symbolik von Kirchenbauten. Von der Piazza Frediano aus wenden wir uns nach rechts und gelangen dann nach links auf die Piazza Anfiteatro (7). Das römische Amphitheater vermochte 10.000 Zuschauer zu fassen. Anstelle der Zuschauertribünen umstehen heute Häuser mit (hochpreisigen) Restaurants und Geschäften die ehemalige Arena. Wir verlassen den Platz auf der gegenüberliegenden Seite, gehen nach rechts durch die Via Canulea und Via Chiavi D’oro (welch ein Straßenname: „Weg der Schlüssel aus Gold“) und besteigen über 230 Stufen den Torre Giunigi (8) (sprich: dschunídschi; Eintritt 4 €), umrunden die sieben Steineichen, die dort oben wachsen und sind beeindruckt von dem grandiosen Blick auf die Dächer von Lucca und die umgebenden Berge. Der Torre Giunigi (44 Meter hoch) ist einer der letzten von angeblich 250 mittelalterlichen Türmen. Man nutzte die unteren Geschosse dieser als Verteidigungsbastion errichteten „Geschlechtertürme“ als Warenlager, die oberen als Wohnräume. Erreicht wurden die einzelnen Etagen über Leitern. Unser nächstes Ziel ist der Giardino Botanico: dazu müssen wir uns in südöstlicher Richtung durch das von den Römern in Nord-Süd-Richtung angelegte rechtwinklige Straßennetz schlängeln: nach links in die Via Sant’Andrea, nach rechts in die Via Angelo Custode, wieder links in die Via Santa Croce, wieder rechts in die Via Fossa zum Giardino Botanico (9) (Eintritt 4 €). Hier also holen wir unser im Palazzo Pfanner versäumtes Picknick nach. Nunmehr gestärkt geht es ein Stück weit auf der baumbestandenen Stadtmauer nach rechts, um kurz darauf über ein Rasenstück den Duomo di San Martino (10) zu erreichen. Auch seine Fassade wurde Anfang des 13. Jahrhunderts geschaffen, noch bevor der eigentliche Kirchenbau errichtet war. Wir gehen noch ein Stück die Via Duomo entlang, promenieren noch einige weitere Meter auf der Stadtmauer und erreichen dann unser Auto.

Gegen Mittag haben wir Lucca auf der SS12 Richtung Norden verlassen und haben uns von der Standfestigkeit der Ponte della Maddalena überzeugt (auch „Ponte del Diavolo“ – Teufelsbrücke – genannt, möglicherweise aus dem 13. Jahrhundert; in Borgo a Mozzano, 22 km hinter Lucca). Anschließend ging es weiter in die Alpi Apuane, wo wir von Vagli Sopra aus über Campocatino zum Eremo di San Viviano gewandert sind. Stattdessen wäre auch ein Abstecher zur Grotta del Vento möglich (www.grottadelvento.com).